Hilfe, mein Chef ist Choleriker!

Banderilleros haben die Aufgabe, kleine Fähnchen mit Widerhaken in den Nacken eines muskulösen Stieres mit sehr langen Hörnern zu platzieren. Nach Erledigung müssen sie schleunigst die Kampfbahn verlassen, da sie andernfalls die ganze Wut des gereizten Tieres zu spüren bekämen.

 

Solche Szenen spielen sich gewöhnlich in spanischen Arenen ab - manchmal aber auch in deutschen Büros: Die Banderilleros heißen dann Sekretärinnen, die Fähnchen sind Wiedervorlagen oder Beschwerdebriefe, und die Rolle des Langhorns spielt der Chef. Dessen Ausbrüche würden einen zahlenden Zuschauer erfreuen. Für Betroffene sind sie weniger angenehm.

 

Choleriker verbreiten schlechte Laune und ein Klima der Furcht. Widerworte sind sie nicht gewohnt. Widerworte sind auch gar nicht nötig. Es gibt bessere Methoden, die Luft reinzuhalten, wenn mal wieder Ausbruchstimmung ist.

 

So bremsen Sie den Brausekopf

Was lange währt, wird endlich Wut: Dieses Gesetz der Humanvulkanologie muss in Ihrem Büro keine Gültigkeit haben. Anders ausgedrückt: Sie müssen sich die Ausbrüche Ihres Chefs keineswegs gefallen lassen. Um das Eingangsbild noch einmal zu bemühen: Sie benötigen in solchen Fällen eine Strategie, die Ihren aufbrausenden Chef bremst. Dabei brauchen Sie gar nicht mal in ähnlich brachialer Weise zu reagieren. Im Gegenteil: Ihre Überlegenheit beweisen Sie durch ein Vorgehen, das an die filigrane Eleganz eines Banderillero erinnert.

 

  • Lassen Sie einen Choleriker zu Ende brüllen. Denken Sie daran, dass er sich danebenbenimmt - und Sie nichts für sein Geschrei können!

  • Suchen Sie erst gar nicht nach Argumenten. Die würden einen Choleriker noch mehr in Fahrt bringen. „Mit einem Vulkan“, wusste schon der Schriftsteller Ernst Jünger, „ist nicht zu reden.

  • Beziehen Sie die Angriffe nicht auf sich. Die Attacken sind nicht persönlich gemeint. Vielmehr sucht Ihr Chef ein Ventil, um seine Aggressionen loszuwerden.

  • Lassen Sie sich nicht einschüchtern. Bleiben Sie betont sachlich, ruhig und höflich.

  • Kommt es zu persönlichen Beleidigungen, verlassen Sie den Raum. Schlagen Sie rasch noch vor, zurückzukehren, nachdem er sich beruhigt hat.

  • Nehmen Sie Kündigungsdrohungen während eines cholerischen Ausbruchs nicht ernst. Sie sind nur heiße Luft.

 

Was Sie auf keinen Fall tun sollten

Sie sehen, der Umgang mit einem Choleriker gleicht der Reaktion auf einen Vulkanausbruch: Es geht in erster Linie darum, Zeit zu gewinnen. Die füllen Sie mit Warten aus – in der Hoffnung, dass alles, was Ihr feuriger Chef ausspuckt, rasch erkaltet.

 

Fehler dürfen Sie in dieser Zeit allerdings keine machen! Solche wären:

 

  • seine Autorität in Frage stellen,
  • seine Person kritisieren,
  • seine Arbeit kritisieren,
  • Angst zeigen,
  • zurückblaffen.

 

 

Zorn und Affekt

 

Der Wiener Psychiater Alfred Adler schrieb in seinem 1927 erschienenen Klassiker Menschenkenntnis über den Zorn als Charaktermerkmal:

 

Ein Affekt, der das Machtstreben, die Herrschsucht eines Menschen geradezu versinnbildlicht, ist der Zorn. Diese Ausdrucksform verrät deutlich den Zweck, jeden Widerstand, der dem Zornigen entgegentritt, rasch und mit Gewalt niederzuwerfen. Auf Grund unseres bisherigen Wissens erkennen wir in dem Zornigen einen Menschen, der mit erhöhter Kraftentfaltung nach der Überlegenheit strebt. Das Geltungsstreben artet zuweilen in einen derartigen Machtrausch aus, dass es leicht erklärlich ist, wenn Menschen dieser Art auf die kleinste Beeinträchtigung ihres Machtgefühls mit einem Zornausbruch antworten. Sie tragen die Empfindung in sich, dass sie auf diese, vielleicht schon oft erprobte Weise am leichtesten über einen anderen Herr werden und ihren Willen durchsetzen können.

 

 

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Wie Sie in der konkreten Situation reagieren

Neben der Strategie – austoben lassen, gelassen bleiben – benötigen Sie jetzt noch eine Taktik für den Moment, wenn es mal wieder so weit ist. Bei einem cholerischen Ausbruch Ihres Chefs - schweigen Sie zunächst.

 

  • Sagen Sie zu sich: „Wie peinlich er aussieht!“ oder: „Wie lächerlich er sich macht!“ Das hilft Ihnen, cool zu bleiben.

  • Schweigen Sie ruhig noch einen Moment länger. Und lächeln Sie dabei. Solche Gelassenheit wird ein Choleriker niemals erwarten. Er ist es gewohnt, dass Menschen in seiner Umgebung Angst vor ihm haben. Diese Angst ist ihm sogar willkommen: Sie macht es dem Choleriker leichter, sich am Ende durchzusetzen.

  • Ebbt das Geschrei ab, schlagen Sie vor: „Sie können mir gern sagen, wenn ich einen Fehler gemacht habe. Aber bitte nicht in diesem Ton! Ich möchte in Ruhe mit Ihnen darüber sprechen.“

  • Sollte Ihr Chef weiter toben, anstatt sich zu entschuldigen, verlassen Sie den Raum. Kündigen Sie nicht groß an, dass Sie gleich das Büro verlassen werden. Gehen Sie einfach. Aber tun Sie es wirklich! Selbst wenn es Ihr eigenes Büro ist.

  • Sie entwaffnen Choleriker mit Abgeklärtheit und Souveränität. Gleichzeitig ziehen Sie - auch indem Sie den Raum verlassen - eine klare Grenze. Sie zeigen, dass Sie nicht bereit sind, alles mit sich machen zu lassen.

 

Was sagt uns ein japanisches Sprichwort?

 

Wer lächelt, statt zu toben, ist immer der Stärkere.

 


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